Haben Sie sich schon einmal gefragt, was mit Ihrem Gepäckstück eigentlich passiert, sobald Sie dieses aufgegeben haben? Im Jahre 2007 erhielt unser Verein erstmals die Möglichkeit die Gepäckssortieranlage des Flughafen Wien zu besichtigen, jetzt knapp ein Jahr nach Fertigstellung des Check-in 3 (ehemals Skylink) bekamen wir wieder die Möglichkeit für einen Blick hinter die Kulissen.
14 Mitglieder des Vereines ließen sich die Chance nicht entgehen und wurden am 12. April von Herrn Manfred Pölz (Abteilung Operations/Infrastructure Baggage System) vor der Sicherheitszentrale des Flughafen Wien freundlich empfangen. Nachdem jedes Mitglied einen Ausweis erhalten und die Sicherheitskontrolle durchlaufen hatte, begannen wir inzwischen – in unsere Warnwesten gekleidet – unsere Besichtigung mit einem Besuch der Gepäcksteuerzentrale. Anhand eines Gebäudeplanes wurde uns zunächst sehr ausführlich die Infrastruktur des Gebäudes, als auch der Weg der Gepäckstücke erklärt.
Um es möglichst einfach zu erklären: Beim Check-in erhält jedes Gepäckstück seinen Kofferlabel mit Barcode, bzw. 3-Letter Airport Code. Eine darin enthaltene BSM (Baggage Source Message) Nummer kennzeichnet das Gepäcksstück. Nachdem der Koffer von zwei Abzugsbändern in die Tiefe des Gebäudes zur weiteren Verteilung gezogen wird, wird dieses auf einem ausgeklügelten Kippschalensorter getrennt. Bei täglich knapp 34.000 aufgegebenen Gepäckstücken im Check-in 3 sollte man niemals vergessen, sein Gepäck trotz modernster Technik mit einem oder mehreren Namensschildern des Besitzers zu versehen, um es im Falle von Problemen, leicht identifizieren zu können. Nachdem unser Koffer nun von einer der insgesamt 801 Gepäckschalen aufgenommen wurde, wird die Gepäcknummer an einem Scannertor ausgelesen und dem Leitrechnersystem gemeldet. Nachdem internationale Vorschriften vorgeben, dass jedes aufgegebene Gepäckstück auf verdächtige Stoffe zu untersuchen ist, wird dieses in einer Reisegepäckkontrollanlage geprüft. Nachdem auch diese Sicherheitsüberprüfung erledigt wurde, wird unser Gepäcksstück zu Sondier-Rundläufen befördert und dem jeweiligen Ziel zugewiesen.
Die Mitarbeiter des Handlings übernehmen dann die Gepäcksstücke, prüfen diese mittels Scanner noch einmal manuell und bringen diese dann direkt zu den Flugzeugen am Vorfeld.
25 Minuten Minimum Umsteigezeit
Der Produzent dieses technischen Wunderwerks, welches seine 7,5 km langen Förderbänder in den Tiefen des Check-in 3 montiert hat, ist die holländische Firma Van der Lande. Insgesamt bieten in Europa nur zwei Unternehmen diese sehr kostspielige Technik an. Nachdem inzwischen vielfach das Service des „Vorabend Check-in“ genutzt wird, benötigt der Flughafen Wien genügend Staumöglichkeit, um dieses Gepäck bis zum Abflug am nächsten Tag zwischen zu lagern. Der Frühgepäckspeicher bietet hier mit einer Kapazität von bis zu 1800 Gepäcksstücken ausreichend Platz.
Vor einer täglichen Herausforderung stehen die ca. 70 Mitarbeiter pro Dienstschicht, wenn es darum geht, die minimale Umsteigezeit von nur 25 Minuten am Flughafen Wien zu gewährleisten. Um diese auch einhalten zu können ist eine Vielzahl an Vorbereitungen bereits am Abflughafen notwendig. Durch das Aufteilen des Gepäckes in drei verschiedene Kategorien (Anschlussgepäck, Endziel, Priority) und dem genauen Wissen über den Lageplatz an Bord des Flugzeuges, wird dieses Ziel erleichtert.
Manfred Pölz erklärte den Mitgliedern unseres Vereines während seiner Erläuterungen, dass diese sehr knapp bemessene Zeit im Idealfall sogar aber auch noch unterboten werden könnte! Wer jedoch lieber auf der sicheren Seite des Lebens stehen möchte, nimmt sich ausreichend Zeit für seinen Anschlussflug. Dadurch kann sowohl gewährleistet werden, dass der Reisende viel entspannter zu seinem Endziel gelangt, als auch die Chance, am Ankunftsflughafen sein Gepäck ausgehändigt zu bekommen. Knapp 1/3 des Gepäcks am Flughafen Wien gehört in die Kategorie des Transfergepäckes eingeteilt, welches in den meisten Fällen (ausgenommen Länder, welche mit der EU einen entsprechenden Vertrag haben und als sicher gelten) nochmals sicherheitstechnisch untersucht werden müssen.
Bei einem anschließenden Rundgang in den „Katakomben“ des Gebäudes konnten wir uns einen Eindruck über die Größe der Anlage verschaffen und bekamen nochmals die Möglichkeit, ausführlich Fragen zu den Abläufen zu stellen. Ein Gemeinschaftsfoto mit unserer Gruppe beendete den knapp zwei Stunden dauernden Besuch.
Mein persönliches Fazit unseres Besuches;
Keine Frage, für die Mitarbeiter des VIE Handlings und der Sicherheitsfirma VIAS ist das Arbeiten „unter Tage“ kein leichter Job. Künstliches Licht, der anhaltende Lärm und die hohe Konzentration, die von den Mitarbeitern bei der Sicherheitskontrolle gefordert wird, stellen hohen Anforderungen an das Personal. Nicht viel leichter ist aber auch die Arbeit der Gepäckslader! Diese müssen egal ob Schnee und Kälte, bzw. Hitze und Sonne, Tag für Tag Tonnen von überschweren Gepäcksstücken in die Bäuche der Flugzeuge verladen damit die Passagiere einen schönen Urlaub beginnen können. Dafür gilt ihnen unser ganzer Respekt!
Der Verein der Flughafenfreunde Wien möchte sich hiermit nochmals recht herzlich bei Manfred Pölz und seinen Kollegen, für die Möglichkeit zum Besuch der Anlage bedanken. Wir hoffen, dass die von uns mitgebrachten Mehlspeisen, den hart arbeitenden Mitarbeitern der Gepäcksanlage gemundet haben?
Martin Dichler