Moldawiens Tor zur Welt

image001

Fast genau fünfundzwanzig Jahre ist es her, dass sich Moldawien von der Sowjetunion lossagte und unabhängig wurde. Seitdem ist viel Zeit vergangenen und während sich die Nachbarländer mehr oder weniger erfolgreich in Richtung Europa reformiert haben, scheint es in Moldawien fast so, als wäre die Zeit stehen geblieben. Arm an Rohstoffen, geprägt von Landwirtschaft und fast gänzlich ohne große Industriebetriebe, hat das Land mit seinen 3,5 Millionen Einwohnern seitdem den wirtschaftlichen Anschluss an Europa verloren. Doch trotz der schwierigen Umstände und innenpolitischen Zerrissenheit der Bevölkerung wird gerade jetzt in den Aufbau des Landes investiert. Eine Grundvoraussetzung für eine florierende Wirtschaft sind bekanntlich gute Flugverbindungen und ein Flughafen mit der nötigen Infrastruktur. Mit Air Moldova und dem Hauptstadtflughafen KIV ist beides in Moldawien vorhanden.

KIV: „friendly Base for everyone“

image002

Die Geschichte des nur 13km von der Hauptstadt Chisinau entfernt gelegenen Flughafens KIV geht auf das Jahr 1926 zurück, als die Stadt erstmals auf der Route: Bukarest-Galati-Chisinau-Iasi angeflogen wurde. Die offizielle Geburtsstunde der moldawischen Luftfahrt begann knapp zwanzig Jahre später, als am 19.September 1944 die Gründung des „Moldovan Independent Squadron“ gefeiert wurde. Dieser Vorfahre der heutigen Air Moldova, begann mit einer Flotte bestehend aus Li-2 und Po-2 Flugzeugen, erste Linien/Post und Agrarflüge. Mit der Eingliederung Moldawiens im Jahre 1940 in den Staatenverbund der UDSSR, begann der kontinuierliche Aufbau einer eigenen Aeroflot Division, die regelmäßige Linienverbindungen in die wichtigsten Städte des damaligen Sowjetreiches anbot. Im Jahre 1970 wurde ein neuer Flughafenterminal mit einer maximalen Kapazität von 1,2 Millionen Passagieren seiner Bestimmung übergeben und schon ein Jahr später begann die Jet-Ära mit der Übernahme einer ersten TU-134.
Bereits 1987 konnte der millionste Passagier am Flughafen KIV begrüßt werden. Die Hauptstadt Chisinau gewann zunehmend an Bedeutung und der Flughafen wurde zu einem wichtigen Knotenpunkt der staatlichen Fluglinie Aeroflot. Zu dieser Zeit verfügte der Flughafen bereits über ein dichtes Streckennetz aus 80 innersowjetischen und 20 regionalen Verbindungen.

Am 13. September 1990 wurde die Eröffnung der ersten internationalen Verbindung, mit einem Direktflug nach Frankfurt gefeiert. Fast ein Jahr später, am 27. August 1991 erklärte Moldawien seine Unabhängigkeit und verließ den Staatenbund der UDSSR.                         Mit Beginn der Unabhängigkeit des Landes und dem damit verbundenen Wegfall der subventionierten Aeroflot Flüge, reduzierte sich das Aufkommen nach KIV drastisch.                Die Auswirkungen der Unabhängigkeit und die damit verbundene wirtschaftliche Rezession im Land führte dazu, dass die Nachfrage nach Flugreisen fast zur Gänze zurückging.
Mit der Gründung der staatlichen Fluglinie Air Moldova am 12. Jänner 1993, sollte ein Weg aus der Luftfahrt – Misere gefunden werden.

Neues Jahrtausend – neue Chancen

Die Jahrtausendwende brachte für den Flughafen KIV einige Veränderungen mit sich. So konnte durch eine Finanzspritze des moldawischen Staates in Zusammenarbeit mit der Bank für europäischen Wiederaufbau, ein Ausbau der Terminalinfrastruktur abgeschlossen werden. Im Jahr 2007 nutzten bereits wieder 688.000 Passagiere (15 Fluglinien, 27 Destinationen) den Flughafen KIV. Die Attraktivität der Destination nahm zu und immer mehr westliche Fluglinien nahmen neue Direktverbindungen in die moldawische Hauptstadt auf.  Austrian Airlines übernahm auch hier wieder einmal eine Vorreiterrolle in Osteuropa. Seit dem Jahr 1999 bedient der österreichische Homecarrier regelmäßig die moldawische Hauptstadt. Heute fliegt Austrian Airlines bis zu elfmal wöchentlich zwischen Wien und Chisinau, wobei ein Großteil der Passagiere (ca. 70%) via VIE in das OS Flugnetz umsteigen.

Die neuen Flugverbindungen wurden von den Kunden angenommen und die hohe Anzahl an Auswanderern, sorgte zusätzlich für eine starke Nachfrage für Flüge nach Moldawien. Nach knapp 20 Jahren konnte am 15.Dezember 2011 wieder die Millionen Passagiergrenze überschritten werden. Am 1.November 2013 vergab die Regierung des Landes eine private Konzession zum Betrieb des Flughafens an ein bis dahin unbekanntes russisches Unternehmen. An der Ausschreibung hatten sich insgesamt fünf weltweit agierende Flughafenbetreiber beworben. Schlussendlich erhielt aber das russische Unternehmen LLC AVIA INVEST, den Zuschlag zum Betrieb des Flughafens für die Dauer von 49 Jahren. Auch wenn die Entscheidung zur Vergabe der Betriebslizenz bis heute nicht ganz unumstritten ist, so hat die Teilprivatisierung zumindest eines gebracht, frisches Kapital für den weiteren Flughafenausbau.

image003

Seit der Betriebsübernahme im Jahr 2013 wurden vom russischen Betreiber knapp 50 Millionen Euro in den Ausbau der Flughafeninfrastruktur investiert. Eines der größten und wichtigsten Projekte war die Errichtung einer Parkgarage für 800 Fahrzeuge. Am 17. Mai 2015 wurde das mehrstöckige Gebäude nach knapp einjähriger Bauzeit in einer feierlichen Zeremonie seiner Bestimmung übergeben.

image004

Gleichzeitig wurde auch der Ausbau der Terminals in Angriff genommen. Dabei wurde der Ankunftsbereich revitalisiert und um sechs Check-In Schalter (18) erweitert. Die Fläche der Passkontrolle (Ankunft & Abflug) verdoppelt und der Shopping Bereich großzügig vergrößert. Zusätzlich wurde das Gebäude um eine Fläche von 3860m2 erweitert, wodurch sich die stündliche Kapazität von bisher 420 auf 750 abgefertigte Passagiere erhöhte.                               Im Abflugbereich nur unweit der Abflugates wurden zudem die „hängende Gärten“ errichtet. Diese grüne Oase inmitten des hektischen Flughafentreibens, besteht aus 1000 vertikal angebrachten Pflanzen und bedeckt eine Wandfläche von 38m2. Doch nicht nur der Terminal erhielt ein neues Gesicht, auch Vorfeldseitig wurde in den Ausbau der Infrastruktur investiert.

image005

image006

Während des aktiven Luftfahrtbetriebes wurde im vergangenen November mit den Bauarbeiten im Bereich der Abstellflächen, Rollwege und der Piste (Gesamtfläche 500.000m2) begonnen. Dabei wird die bestehende Piste 8/26 mit einer Länge von 3590 Metern von 45 auf 60 Meter verbreitert und die Zahl der Flugzeugabstellpositionen auf 31 erhöht. Der Flughafen KIV ist nunmehr dank der zahlreichen Investitionen nicht nur technisch, sondern auch optisch zu einer äußerst attraktiven Einrichtung geworden.

Am 24. September 2013 begann in KIV das Zeitalter der Low Cost Airlines. Den Anfang machte vor drei Jahren Wizz Air mit einer Direktverbindung nach Venedig/Treviso und Rom Chiampino. Heute betreibt die osteuropäische Fluglinie ein dichtes Streckennetz nach Italien (Bologna, Rom Fiumicino/ Ciampino, Venedig/Treviso, Mailand/Bergamo) sowie nach London/Luton. Im November des gleichen Jahres begann auch die Fluglinie flydubai mit Flügen zwischen Dubai und Chisinau. Der Erfolg stellte sich jedoch nicht ein und die Verbindung wurde nach kurzer Zeit wieder eingestellt. Dies wirkte sich jedoch nicht negativ auf den Erfolg des Flughafens aus. Ganz im Gegenteil, im Jahr 2014 erhöhte sich die Zahl der abgefertigten Passagiere auf 1.781.469 (+34%).

image007

Die Flughafenvereinigung ACI (Airport Council International) klassifizierte den Flughafen KIV im gleichen Jahr als den am „stärksten wachsenden Flughafen in Europa, in der Kategorie bis zu 5 Millionen Passagieren“.

Im vergangenen Jahr unterhielten 22 Fluglinien Direktverbindungen in 18 Länder.                            Die beliebteste Destination ab Chisinau ist die traditionelle Verbindung nach Moskau (DME/SVO) mit 39% des gesamten Passagieraufkommens. Zu den wichtigsten westlichen Märkten zählt Italien mit 19% des Passagieraufkommens. Die positive wirtschaftliche Entwicklung des Flughafens hielt auch im letzten Jahr weiterhin an. Mit 2.226.456 Passagieren (+25%) konnte ein neuerlicher Passagierrekord verzeichnet werden.                       Der Flughafen KIV ist zweifelsohne auf einem guten Weg, mitverantwortlich für den großartigen Erfolg ist aber die staatliche Flugline Air Moldova.

Homecarrier – Air Moldova (9U)image008

Knapp 49% des gesamten Verkehrsaufkommens des Flughafen Chisinau machen heute die Flüge der staatlichen Air Moldova aus. Die Fluglinie startete zu Beginn ihrer Geschichte zunächst noch mit russischen Fluggerät der ehemalige Aeroflot Division. Laut JP Airline Fleet Book, bestand die Flotte im Gründungsjahr aus acht TU 134A, drei TU-154B und einer AN-74. In den Jahren darauf sollten noch einige AN-24 und Yak-42 hinzukommen, wobei die genaue Anzahl des flugfähigen Gerätes nicht immer exakt bestimmt werden konnte.
Am 29. März 2001 übernahm die Air Moldova sein erstes westliches Flugzeug in Form einer ehemaligen Comair (Delta Connection) Embraer 120 Brasilia mit 30 Sitzplätzen. Bereits wenige Tage später stieß ein Embraer 145LR, der von KLM Excel angemietet wurde zur Flotte hinzu. Nur zwei Jahre später übernahm Air Moldova im September 2003 einen ersten Airbus Jet.

image009 image010

image011

Inzwischen betreibt das Unternehmen eine Flugzeugflotte bestehend aus vier Flugzeugen der Type A-319/320/321, sowie zwei Embraer 190 mit einer max. Reichweite von 4200 km. Mit der Übernahme des ersten von zwei im Jahre 2008 bestellten Embraer Jets begann ein neues Zeitalter für die Fluglinie. Zum ersten Mal in der Geschichte Moldawiens wurde ein fabrikneues Flugzeug von einem Hersteller übernommen. Dementsprechend groß war dann auch die Freude als der neue Embraer Jet nach seinem Überstellungsflug aus Brasilien am 10. Mai 2010 erstmals in Chisinau landete.

Seit der Gründung der Fluggesellschaft im Jahre 1993 hat sich die Zahl der angeflogenen Destinationen auf insgesamt 25 erhöht. Alleine im Jahr 2016 wurden mit Florenz (14. Juni) und Brüssel (ab 11. Oktober) zwei neue Destinationen in das Streckennetz aufgenommen.

Seit dem 30. März 2015 bedient Air Moldova nach einer knapp zweijährigen Unterbrechung wieder die Strecke nach Wien. Nach anfänglich drei wöchentlichen Rotationen, musste man inzwischen aufgrund ungenügender Auslastung, auf zwei Flüge reduzieren. Die Gründe für die schlechte Auslastung sind vielseitig. So gibt es bis heute keine Zusammenarbeit (Codeshare) zwischen Austrian Airlines und Air Moldova. In der AUA Konzernzentrale am Flughafen Wien ist man derzeit anscheinend nicht an einer Zusammenarbeit wie in vergangenen Tagen interessiert. Dies machte es Air Moldova schwer, wirtschaftlich erfolgreich auf der Route nach Wien zu operieren. Ähnlich wie bei den Low Cost Mitbewerbern macht auch bei Air Moldova inzwischen ein großer Teil des täglichen Geschäftes, der Verkehr nach Italien und Russland aus.

image012

Im Gegensatz zu den meisten Fluglinien in Europa, ist die staatliche Airline nicht dem allgemeinen Trend gefolgt, am Kundenservice zu sparen. Air Moldova bietet allen Passagieren einen kostenlosen Snack und Getränke (inkl. Wien & Bier) Service an Bord ihrer Flugzeuge an. Passagiere der Business Class kommen zudem in den Genuss eines Lounge Besuches, sowie großzügigen Gepäcks und Umbuchungsbedingungen.

image013

image014

Seit dem 13. Juli 2004 ist die Fluglinie Mitglied der IATA und im gleichen Jahr wurde das Vielflieger Programm „Air Moldova Club“ eingeführt. Als eine der ersten osteuropäischen Fluglinien führte Air Moldova am 1. September 2006 die Möglichkeit des E-Ticketings ein. Reisebüros auf der ganzen Welt konnten damit über die Systeme AMADEUS, SABRE und GALILEO, direkt auf die Flüge der Air Moldova zugreifen. Knapp ein Jahr später wurde die Möglichkeit der Ticket Buchung über die Homepage des Unternehmens (www.airmoldova.md) ermöglicht.

Im Jahr 2008 beförderte Air Moldova bereits 402.000 Passagiere (+19% gegenüber dem Vorjahr) zu 16 verschiedenen Destinationen. Im Jahr darauf machte man sich im Unternehmen Gedanken darüber, wie man die Zahl der Buchungen weiter erhöhen könnte? Bot die Fluglinie bislang nur „Point to Point“ Flüge an, versuchte man von nun an den Flughafen Chisinau auch als Transit Hub zu etablieren. Nutzten im Jahr der Einführung nur etwas mehr als 2000 Passagiere das Angebot, vervielfachte sich diese Zahl in den ersten 10 Monaten des Jahres 2010 bereits auf 7765. Zum Jahresabschluss konnte man sich wieder über ein sattes Plus von 15%, oder 464.000 beförderten Passagieren freuen. Alleine 30.000 Tickets davon, wurden über die Webseite des Unternehmens gebucht.

Trotz einer spürbar steigenden Konkurrenz durch die Mitbewerber am Flughafen Chisinau, konnte Air Moldova in den ersten acht Monaten des Jahres 2014 einen unglaublichen Passagierzuwachs von +48% (524.000) verzeichnen. Alleine im August des gleichen Jahres wurden erstmals in der Geschichte mehr als 109.000 Passagiere in einem Monat befördert. Auch das vergangene Jahr brachte wieder einen neuen Rekord!  Mit 1.067.000 Millionen transportierten Passagieren konnte erstmals die Millionengrenze geknackt werden.

Auch wenn es den Anschein hat, dass Air Moldova derzeit sehr gut am Heimatmarkt aufgestellt ist, so hat die nationale Fluglinie mit einer ständig wachsenden Konkurrenz durch Billigfluglinien am Heimatflughafen zu kämpfen. Wäre dem nicht schon genug, hat erst kürzlich eine neue moldawische Fluglinie mit dem Namen FLYONE den Flugbetrieb in Chisinau aufgenommen. Auch hier hagelt es wieder Kritik von allen Seiten nachdem bekannt wurde, dass regierende Politiker an der Fluglinie beteiligt sein sollen.

Es scheint fast so, als hätte das Land noch einen langen steinigen Weg vor sich….

Martin Dichler

 

Dieser Eintrag wurde veröffentlicht in News von admin. Setze ein Lesezeichen zum Permalink.