Fliegen in einer anderen Welt

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Montag 1. November, 10.02 Uhr; Ich steige in Schwechat in mein Auto, denn ich muss mich beeilen um noch rechtzeitig meinen Flug nach Honolulu zu erreichen. Ich werde auf meinem  heutigen Flug von meinem slowakischen Freund Peter Mikula begleitet. Peter ist Berufspilot auf der Boeing 737 und fliegt bereits seit mehr als 10 Jahren auf den Typen B737-300/500/700NG. In seiner Karriere als Pilot konnte er bereits mehr als 5000 Stunden Erfahrung auf dem Flugzeugtyp sammeln. Nach einer kurzen Anfahrt quer durch Wien erreichen wir doch noch rechtzeitig unseren Flug. Dieser Flug mit der Nummer WF1003 ist etwas Besonderes! Unser Flug dauert mehr als fünf Stunden, aber außer uns beiden sind keine weiteren Passagiere mit an Bord. Wie betreten das Cockpit unseres Boeing Jets, gehen die Checklisten der Reihe nach durch und  fragen beim Tower um die Starterlaubnis für unsere beiden Triebwerke an. Nach dem Pushbackrollen wir langsam zu unseren Holdingpoint der Piste 08R. Wir sind heute die Nummer drei für den Start, nach einer kurzen Wartezeit bekommen wir vom Tower die Freigabe für unseren Take-off. Langsam rollen wir an, werden immer schneller, erreichen unsere VR Geschwindigkeit und heben ab. Wir heben ab in eine andere Welt, in die Welt der Simulator Piloten.

Wirklichkeit, oder doch nur Fiktion?

Wirklichkeit, oder doch nur Fiktion?

Boeing fliegen in der Linzer Straße?

Den jahrtausende-alten Traum vom Fliegen verwirklichen sich die Menschen auf vielfältige Art und Weise. Wer seinen Traum täglich leben möchte, verfolgt am besten das Ziel, Berufspilot zu werden. Andere betreiben das Fliegen als Hobby und sind heute stolzer Besitzer eines Segelflug oder Privatpilotenscheines (PPL). Eine weitere und wahrscheinlich noch viel größere Gruppe an Piloten, ist jene der Simulator Piloten.  Zweifelsfrei ist diese Art des Fliegens die kostengünstigste und vor allem umweltfreundlichste Art abzuheben. Die Gemeinschaft der Simulator Piloten ist groß und der Software Markt bietet seit vielen Jahren eine Fülle an verschiedensten Simulationsmöglichkeiten. Rene Billiani war auch einmal ein Simulator Pilot, der einmal klein begann und im Laufe der Jahre sein Simulationsequipment ständig verbesserte. Nachdem sich in den letzten Jahren die Qualität der Hardware ständig verbessert hatte, beschloss Hr. Billiani, sich mit einer neuen Geschäftsidee in Österreich selbstständig zu machen. Die Idee zur Gründung des Simulator Unternehmens Fly737 war geboren!
Das Marketingkonzept des Unternehmens ist relativ einfach. Man bietet eine Simulationsmöglichkeit der Extraklasse zu einem bezahlbaren Preis. Das in Wien beheimatete Unternehmen bietet eine 1:1 Cockpitsimulation eines Boeing 737NG Verkehrsflugzeuges an. Wie mir mein Freund und 737 Pilot Peter Mikula bestätigt, ist die Ausstattung des Simulators durchaus mit einem richtigen Cockpit vergleichbar. Der Unterschied zwischen einem „richtigen“ Ausbildungssimulator und dem des Unternehmens Fly737 liegt jedoch nicht nur im Preis. Beim Fly737 Simulator handelt es sich um einen „Fixed base“ Simulator. Die jeweiligen Flugbewegungen des Flugzeuges werden daher nicht wie bei einem professionellen Ausbildungssimulator durch ein Hydrauliksystem simuliert, sondern nur visuell angezeigt. Hersteller des Simulators ist unter anderen das deutsche Unternehmen Cockpitsonic. Acht Hochleistungscomputer sorgen für einen möglichst realistischen Flugverlauf, die Außenansicht wird über drei Beamer vor die Cockpitfenster projiziert. Umgebungsgeräusche in Surround Qualität sorgen für das richtige Fluggefühl im nachgebauten Cockpit.  Obwohl sich der Simulator nicht bewegt, könnte man meinen, an Bord eines richtigen Jets zu sitzen.
Doch wie kommt man auf die Idee einen Flugsimulator in der Linzer Straße aufzubauen?  Vor vier Jahren entstand die einzigartige Idee ein Simulator Unternehmen für Jedermann zu gründen.  Rene Billiani und sein Geschäftspartner Norbert Pflug-Hofmayer hatten für den Ankauf der nötigen technischen Ausrüstung knapp € 70.000,- Investitionssumme zu organisieren. Nach Erstellung eines Business Plans und der Zusage eines Kredites, wagte man den Schritt zur Unternehmensgründung. Von der Idee bis zur Eröffnung des Unternehmens, dauerte es gerade einmal sechs Monate. Ein Schritt, den Rene Billiani bis heute nicht bereut, wie er  mir anlässlich meines Besuches vor Ort bestätigt. Die Idee einen Flugsimulator für „jedermann“ anzubieten ist nicht neu. Diverse Unternehmen bieten bereits seit längeren die Nutzung eines richtigen Flugsimulators (Lufthansa A-320) an.

Rene Billiani bei der Erstellung des nächsten Flugplans für seine Kunden

Rene Billiani bei der Erstellung des nächsten Flugplans für seine Kunden

Hr. Billiani erklärt dazu; „Der Unterschied bei den verschiedensten Angeboten liegt jedoch darin, dass „richtige“ Full Motion Simulatoren zumeist von bis zu vier Personen gleichzeitig geflogen werden. Dies bedeutet, dass jeder der „Piloten“ nur wenige Minuten die Kontrolle des Flugzeuges übernehmen kann“. Bei Fly737 entscheidet der Kunde selbst, wie lange er selbst fliegen möchte. So starten die Preise bei günstigen € 149,- für das „City Hopping Paket“. In diesem Paket  kann man aus einer Vielzahl von Kurzstreckenflügen wählen. Die Flugzeit beträgt 60 Minuten plus eines 30 minütigen Briefings. Wer gerne länger fliegen möchte, kann auch das „Unlimited Sky“ Paket um € 219,- buchen. Dabei sitzt man zwei Stunden am Steuer seiner Boeing 737 und kann aus verschiedenen Streckenszenarien wählen. So besteht die Möglichkeit einen Alpenflug zwischen Mailand und Zürich, ein Nordlicht Adventure über Stavanger, oder ein exotisch karibisches Traumziel anzufliegen.
Wer sich alleine im Cockpit überfordert sieht, bekommt natürlich auch einen erfahrenen Instruktor zur Seite gestellt. Die Klientel von Fly737 ist vielfältig, vom sechsjährigen „Jungpiloten“ bis zum pensionierten Berufspiloten ist schon jeder am Simulator geflogen, wie mir Hr. Billiani erklärt. Mit der österreichischen Austro Control gibt es eine Vereinbarung, wobei jeder neue Controller im Rahmen seiner Ausbildung die Möglichkeit erhält, zwei Stunden lang den Boeing 737 Simulator zu fliegen und die Abläufe und den „Workload“ auch aus der Pilotensicht zu erleben.

Für die Wahl des Unternehmensstandortes in Wien gab es mehrere Gründe. Ausschlagegebend war unter anderem die Nähe zum Wohnort des Betreibers, nachdem auch noch die notwendige Räumlichkeit zum günstigen Preis gefunden wurde, entschied man sich für die Adresse in der Linzer Straße. Das Ambiente bei Fly737 ist mehr als gemütlich. Im Controllerraum, in dem die Flüge programmiert werden, kann es sich der Kunde schon einmal in einem der drei Business Class Sitze gemütlich machen und einstimmen, bevor später Platz im Cockpit genommen wird.

Fliegen für den guten Zweck – World Flight 2010

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Alle Jahre wieder vereinen sich Simulator Piloten rund um den Erdball, um für einen guten Zweck in „Fixed Base Simulatoren“ eine Weltumrundung zu fliegen. Zwischen 1.11 und 7.11 war es heuer wieder so weit. 9 Teams bestehend aus Simulator Piloten aus den Ländern Australien, England, Irland, Schottland und Österreich, beteiligten sich am diesjährigen Charity Online Flug. Gegen einen Spendenbeitrag von € 200,- konnte der Kunde seinen Flug aus einer Vielzahl von 45 Streckenabschnitten rund um die Welt selbst auswählen. Die Dauer der Flüge bewegte sich zwischen 01:00 Stunden und 06:40 Stunden, der Kunde hatte die Wahl, wie lange sein Enthusiasmus im Cockpit anhalten würde.

Familienausflug zum World Flight 2010

Familienausflug zum World Flight 2010

Einer dieser World Flight Simulator Piloten war Gerald Tunner. Zusammen mit seinen beiden Kindern reiste er für diesen speziellen Simulator Event extra aus Bayern an. Die Familie Tunner ist bereits Stammkunde bei Fly737 und als klar war, dass auch heuer wieder diese Veranstaltung stattfinden würde, wurde die Entscheidung gefasst, das Wochenende gemeinsam in Wien zu verbringen. Wie viel Enthusiasmus in der Familie Tunner steckt, beweist schon die Dauer ihres Aufenthaltes. Gestartet wurde der erste Teil des World Flightsum 23.30Uhr, beendet wurde der Tag im Cockpit am folgenden Tag gegen 17:00Uhr. Unterbrochen wurden die Flüge nur durch kurze Pausen, während der Nachtstunden, als der Autopilot längere unspektakuläre Strecken übernahm. Kleine Stärkungen und kurze Schlafeinheiten wurden direkt vor Ort in den Austrian Business Class Sitzen der Fly737 verbracht. Das Team von Fly737 beteiligt sich seit dem Jahre 2007 an dieser Veranstaltung. Die Spendengelder werden für den C-9 Stützpunkt des Christophorus Flugrettungsvereins inAspern, gesammelt. Bei der diesjährigen Veranstaltung kamen insgesamt € 2300,- für den guten Zweck zusammen.

Martin Dichler

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