Airbus, Boeing, Bombardier, Embraer…..
Wer den Einheitsbrei auf Europas Luftfahrthimmel satt hat, dem kann geholfen werden! Auch wenn es schon fast in Vergessenheit geraten ist, in der ehemaligen Sowjetunion wurden über viele Jahrzehnte hinweg einige der besten Flugzeuge weltweit produziert. Während der Zeit des Kalten Krieges waren die Jets aus dem Hause Antonov, Iljuschin und Tupolev, den westlichen Konkurrenten in Reichweite, Nutzlast und Flugeigenschaften weit überlegen. Erst mit dem Zusammenbruch der ehemaligen Sowjetunion, wurde es still um die zahlreichen sowjetischen Flugzeughersteller, deren Passagierflugzeuge nicht mehr den Ansprüchen einer modernen und ökonomischen Zivilluftfahrt entsprachen.
Um an die glorreiche Luftfahrtgeschichte der vergangenen Tage anzuschließen, wurden in Russland während der letzten Jahre zahlreiche neue Zivilluftfahrtprojekte ins Leben gerufen. Als eines der Pionierprojekte des modernen russischen Flugzeugbaus, gilt der Sukhoi SSJ 100. Das bislang nur als Produzent von Militärflugzeugen bekannte Unternehmen, gründete im Jahr 2000 die Sukhoi Civil Aircraft Company. Nach zahlreichen Marktstudien wollte man den Bau eines modernen und leistungseffizienten Regionalflugzeuges, mit einer überdurchschnittlich großen Kabine für bis zu 100 Passagiere und einer Reichweite von max. 4500km in Angriff nehmen. Zwischen 2001 und 2011 wurde in Kooperation mit Boeing, an der Entwicklung des Verkehrsflugzeuges Sukhoi Superjet gearbeitet. Im Jahr 2006 beteiligte sich der italienische Flugzeugproduzent ALENIA Aeronautica an dem Projekt und gründete die SuperJet International (SJI). Das Joint Venture zwischen der russischen Sukhoi Holding (90%) und der nach der Alenia Firmenübernahme im Jahr 2012, als Leonardo (10%) benannte Luftfahrtunternehmen, war das erste seiner Art zwischen Russland und Italien. Am Firmensitz in Venedig werden heute die Marketing und Verkaufsagenden für den europäischen Markt organisiert und Flugzeuge für den westlichen Markt ausgeliefert. Beim Bau des neuen Regionalflugzeuges achtete der russische Produzent von Anfang an darauf, internationale Partner bei der Planung und Umsetzung des Projektes mit ins Boot zu holen. Der Sukhoi Superjet, von dem ursprünglich auch eine kleinere Version mit nur 75 Sitzplätzen angedacht war, sollte zukünftig nicht nur in Russland, sondern auch im Rest der Welt zum Verkaufsschlager werden. Beim Bau eines leistungsfähigen und vor allem ökonomischen Triebwerkes, wurde im Jahr 2004 zwischen dem französischen Hersteller SNEMCA und dem russischen Produzent SATURN ein Joint Venture eingegangen. Das Ergebnis der Zusammenarbeit war das SaM146 turbofan Triebwerk, das mit seiner Takeoff Leistung von 15.400lbf, den heutigen Ansprüchen eines modernen und kostengünstig zu unterhaltenden Triebwerkes entsprach. Gesteuert wird der SSJ von einem Fly-by-wire System, das wie beim Flugzeughersteller Airbus, mit einem Sidestick ausgestattet ist. Die Kontrolleinrichtungen dazu kommen aus dem renommierten Ausstatter Liebherr-Aerospace. Unterstützt werden die Piloten bei ihrer Arbeit durch ein Electronic Flight Instrument System, mit vier großen Bildschirmen des französischen Hersteller Thales.
Im Mai 2008 hob der erste SSJ zu seinem Erstflug im Rahmen der Flugerprobung in Moskau ab. Drei Jahre später startete am 21.April 2011 der kommerzielle Erstflug eines ARMAVIA SSJ 100 nach Moskau. Nachdem der Bau russischer Flugzeuge vom Staat subventioniert wird, durfte die staatliche russische Fluggesellschaft Aeroflot, als Betreiber des Jets nicht fehlen. Mit einer Bestellung von 50 Flugzeugen, ist man heute der größte Betreiber des Typs weltweit. Am 16.Juni 2011 fand bereits der erste kommerzielle Linienflug eines Aeroflot SSJ nach St.Petersburg statt. Inzwischen betreibt Aeroflot eine Flotte bestehend aus 45. Sukhoi Jet, die mit 12 komfortablen Business Class und 75 Economy Sitzplätzen ausgestattet sind. Der Sukhoi Jet kommt hauptsächlich innerrussisch zum Einsatz und ist nur relativ selten in Westeuropa anzutreffen.
Trotz eines rundum gelungenen Flugzeugentwurfes, liegt die Zahl der verkauften SSJ 100 auch zehn Jahre nach dem Erstflug, weit hinter den Erwartungen des Herstellers. Bis Juli 2018 wurden nur 133 Flugzeuge an 12 Betreiber ausgeliefert. Der Wunsch des Produzenten nach einer erfolgreichen Vermarktung auch außerhalb Russlands, konnte nur bedingt umgesetzt werden.
Ein Grund für die hinter den Erwartungen liegenden Verkaufszahlen des SSJ, dürften wie bei allen Flugzeugneuentwicklungen, technische Probleme gewesen sein. So entzog die russische Luftfahrtbehörde im Jahr 2013 den SSJ nach einigen Problemen kurzfristig die Betriebsgenehmigung. Inzwischen aber konnten die Probleme durch technische Nachbesserungen ausgemerzt werden, wodurch der Sukhoi Superjet wieder an Boden gewinnen konnte. Zu den wenigen westlichen Betreibern gehört die irische Regionalfluggesellschaft City Jet, die insgesamt 15 Stück des russischen Jets als europäischer Erstkunde angemietet hat. Im Mai 2016 wurde der erste 98-sitzige Superjet als Ersatz für die in die Jahre gekommene Avro-Jet Flotte in Venedig übernommen. Seit April 2017 kommen sechs davon im Auftrag der belgischen LH-Tochter Brussels, auf europäischen Linienflügen, darunter auch nach Wien, zum Einsatz. Im Jahr 2013 übernahm die mexikanische Low Cost Fluglinie Interjet, den ersten von 20 bestellten SSJ 100 und ist damit nicht nur der größte Betreiber außerhalb Russlands, sondern auch die einzige Billigfluglinie, die den Sukhoi Jet einsetzt.
Zahlreiche Neuentwicklungen, wie etwas ein SSJ Business Jet oder die Verwendung von Winglets sollen das SSJ Programm, dass für seine Entwicklung an die USD 1,5 Milliarden gekostet hat, auch weiterhin für den Markt interessant machen.
Aeroflot lädt zur SSJ 100 Besichtigung:
Während der letzten Wochen der diesjährigen Fußball WM in Russland, kam der Sukhoi Superjet 100 auch vermehrt nach Wien zum Einsatz. Auf freundliche Einladung von Corinna Preisinger (Aeroflot Sales Manager) und Vadim Kolomychenko (Aeroflot Direktor Österreich), durften am 17. Juli zehn Mitglieder unseres Vereines, den russischen Superjet am Flughafen Wien besichtigen. Gemeinsam mit einigen Vertretern der Reisebranche, wurde die Gruppe am vereinbarten Treffpunkt beim Aeroflot Schalter im Terminal 1, von unseren Gastgebern begrüßt. Unser Besuch war erstmals in unserer Vereinsgeschichte als Spätabendveranstaltung angesetzt.
Bevor die Tour zum SSJ jedoch startete, überreichte Obmann Martin Dichler & Stv. Gernot Kastner an das Geburtstagskind Corinna Preisinger, einen Strauß Blumen samt Geburtstagstorte. Nachdem wir unsere Vorfeldausweise von unserem freundlichen Begleiter der Firma VIAS erhielten, starteten wir auch schon zum ersten Programmpunkt des heutigen Abends. Auf freundliche Einladung von Aeroflot begann unsere Tour mit einem Stopp in der Jet Lounge, wo wir neben Getränken und Snacks auch mehr über unseren bevorstehenden Besuch an Bord des SSJ erfuhren.
„Foto Session mit unseren Mitgliedern“
Nachdem die Landung unseres Flugzeuges auf Kurs SU 2354 aus Moskau nahte, begaben wir uns nach einer Busfahrt auf die Außenposition, wo wir gerade noch rechtzeitig das einrollen des Sukhoi Superjet live miterleben konnten. Nach einer kurzen Wartezeit, bei der die ankommenden Passagiere das Flugzeug verließen, umrundeten wir als Gruppe gemeinsam den SSJ, wobei natürlich ein Gruppenfoto nicht fehlen durfte. Für unsere Fotografen bestand währenddessen genügend Zeit, all ihre Fotowünsche zu erledigen und dem Flugzeug dabei ganz nahe zu kommen. Nachdem wir das OK der Crew erhielten, durften wir den Jet betreten und erhielten als kleine Aufmerksamkeit des Flugzeugherstellers Sukhoi, eine Kappe und einen SSJ Schlüsselanhänger von einer extra aus Moskau angereisten Vertreterin des Flugzeugherstellers überreicht. Natürlich hatten auch wir uns vorbereitet und so wurden an die Flugbegleiter, das Team im Cockpit sowie die Sukhoi Vertreterin Mozartkugeln und Flughafenfreunde Warnwesten als kleine Geschenke verteilt! Vadim Kolomychenko ließ es sich nicht nehmen bei der Crew extra nach Safety Cards zu fragen und so kamen alle Sammler in den Genuss eine Karte mit nachhause nehmen zu dürfen.
Es folgte eine ausführliche „Foto Session“ an Bord des Sukhoi Superjet, bei der alle Teilnehmer auch die Gelegenheit bekamen einen Blick in das moderne Cockpit zu machen. Auch die attraktiven Flugbegleiterinnen standen mehr oder weniger freiwillig für gemeinsame Fotos zur Verfügung. Corinna Preisinger hatte für den Besuch einige technische SSJ Details vorbereitet und unterrichtete uns in einem kurzen Vortrag an Bord über die Besonderheiten des russischen Flugzeuges. Die Piloten nahmen sich im Anschluss Zeit, um mit der Gruppe, darunter ein Austrian Boeing 767 Pilot, ins Gespräch zu kommen. Nachdem wir ausführlich die komfortablen Sitze des Flugzeuges getestet hatten und auch das letzte Bild im Kasten war, verließen wir nach einer Verabschiedung von der Crew, schweren Herzens wieder das Flugzeug.
Zweifelsohne handelte es sich bei unserer Aeroflot SSJ 100 Besichtigung, um einen besonderen Abend, für den ich mich im Namen unserer Mitglieder recht herzlich bei unseren Gastgebern bedanken möchte!
Text & Fotos:
Martin Dichler