Ich spaziere vorbei an zahlreichen Flugzeugbildern, die die Wände der Räumlichkeiten schmücken. Beim Empfang werde ich von einer freundlichen Dame begrüßt und meine persönlichen Daten werden registriert. Nach dem Check-In nehme ich in einem der gemütlichen Flugzeugsessel Platz. Das Bordmagazin einer renommierten Fluggesellschaft verkürzt mir meine Wartezeit bevor ich schlussendlich aufgerufen werde. Wer jetzt glaubt, dass ich mich zu Besuch bei einer Fluggesellschaft befinde, bzw. in Kürze irgendwo hin fliegen werde, der irrt! Ich sitze in der vermutlich kuriosesten und zugleich sympathischsten Arztpraxis Österreichs.
Dr. Wolfgang Haberler ist Facharzt für Innere Medizin und Flottenchef einer knapp 1300 umfassenden Flugzeug(modell)flotte, deren Heimatbasis sich in dessen Ordinationsräumen im dritten Wiener Gemeindebezirk befindet.
Martin Dichler sprach mit dem langjährigen Mitglied unseres Vereines über seine Leidenschaft zur Fliegerei und wie er auf die Idee kam, aus seiner Ordination ein Mekka für Luftfahrtfreunde zu machen.
APPROACH: Zu Beginn gleich einmal eine simple Einstiegsfrage! Airbus oder Boeing?
Dr. Wolfgang Haberler:
Ganz klar Airbus, weil ein Europäer!
APPROACH: Wie kam es zu deinem Bezug zur Luftfahrt?
Dr. Wolfgang Haberler:
Es begann als kleines Kind, als mein Vater zur Belohnung für verschiedenste Dinge, wie z.B. meine ersten selbst gebundenen Schuhe, bzw. wenn ich brav aufgegessen hatte, einen Besuch am Flughafen Wien in Aussicht stellte. Die gemeinsamen Ausflüge und das Interesse an der Luftfahrt und dem Flughafen Wien wurden im Laufe der Zeit immer mehr.
APPROACH: Und trotzdem bist du Arzt und nicht Pilot geworden!
Dr. Wolfgang Haberler:
Ja das stimmt, ich bin aus Leidenschaft Arzt für interne Medizin geworden und war bis 1999 auch im Spital St. Elisabeth tätig. Seit 22 Jahren habe nun ich eine eigene Ordination und biete ein breit gefächertes Angebot der inneren Medizin an, ohne Spezialisierung auf ein bestimmtes Fachgebiet.
APPROACH:
Das Ambiente deiner Ordination erinnert eher an einen Flughafen, als an eine Ordination. Wie kam es zu der Idee so viele Flugzeugmodelle auszustellen?
Dr. Wolfgang Haberler:
Ursprünglich habe ich gar keine Flugzeugmodelle gesammelt. Aber zu Beginn meiner Ordination habe ich als Luftfahrtbegeisterter von der Tochter eines ganz lieben Freundes eine AUA MD-80 Model geschenkt bekommen. Ich habe dieses dann auf meinen Schreibtisch gestellt und weil mir die Modelle so gut gefallen haben, kamen stetig weitere hinzu. In den ersten Jahren hat sich die Zahl dann kontinuierlich vergrößert bis meine Raumpflegerin gemeint hat, dass die Pflege der Modelle auf meinen Schreibtisch schon langsam zu viel Arbeit macht. Während dessen hatten aber auch meine Patienten die Veränderungen in meiner Ordination mitbekommen und mir von ihren Flugreisen immer wieder zusätzliche Exponate mitgebracht. So hat sich das mit den Modellen herumgesprochen und meine Sammlung ist immer größer und größer geworden.
APPROACH: Wie groß ist deine Sammlung heute?
Dr. Wolfgang Haberler:
Inzwischen sind es in etwa 1300 Modelle geworden, die ich nun in meinen Vitrinen ausstelle.
APPROACH: Und welches davon ist dein persönliches Lieblingsmodell?
Dr. Wolfgang Haberler:
Zweifelsohne ist die Tupolev 154 mein Lieblingsflugzeug und da ich ein sehr farbenfroher Mensch bin, gefällt mir die russische S7 Airlines Tupolev mit ihrer knallgrünen Bemalung besonders gut. Ich liebe den Sound der TU-Motoren und erinnere mich noch gerne an meine Besuche in Salzburg zurück, wo ich die Tupolevs sehr oft bewundern durfte.
APPROACH:
Was sagen deine Patienten eigentlich zu den vielen Modellen und der einzigartigen Ausstattung deiner Ordination?
Dr. Wolfgang Haberler:
Die meisten die sich dazu äußern finden es sehr interessant und witzig, die die es weniger gut finden halten sich vermutlich mit ihrer Meinung eher zurück. Es beginnt schon draußen im Wartebereich mit meinen Flugzeugsesseln. Viele meiner älteren Patienten sind noch nie mit einem Flugzeug geflogen und freuen sich wenigstens einmal in einem Flugzeugsessel Platz genommen zu haben. Die Airbus Sitzreihe habe ich zu meinem 50er bekommen und heute kann ich meinen Patienten das Service einer Billigfluggesellschaft anbieten: „Ein kostenloses Glas Wasser, aber mit bedeutend mehr Sitzabstand“.
APPROACH: Gab es schon lustige Patientengeschichten beim Thema deiner Sammelleidenschaft?
Dr. Wolfgang Haberler:
Ja, ich sammle neben meinen Modellen ja auch noch Safety Cards!
In den letzten Jahren habe ich so hunderte Karten von meinen Patienten bekommen, die ständig rund um die Welt fliegen. Einmal kam ein Patient zu mir und meinte, dass er wegen meiner Sammelleidenschaft fast in Haft gekommen wäre. Auf einem Flug nach Australien habe er von der Safety Card Leidenschaft seines Internisten einer Flugbegleiterin erzählt, worauf diese sich scherzhaft nach dem Namen des Doktors erkundigt hat um ihm auf ihre Airline-Blacklist zu setzen. Ein anderes Mal hat eine Patientin davon gesprochen, dass Sie keine weiteren Karten mehr von ihren Urlaubsflügen mitnehmen darf, weil sich ihr Gatte jedes Mal so sehr für Sie geniere!
APPROACH:
Deine persönliche Lieblingsdestination, wenn du selbst auf Reisen gehst?
Dr. Wolfgang Haberler:
Zweifelsohne Griechenland! Ich habe schon alle möglichen Inseln bereist und bei jeder meiner Aufenthalte wie zuletzt in Korfu, Samos oder Santorin, genehmige ich mir in Rücksprache mit meiner sehr verständnisvollen lieben Frau, einen Tag am Flughafen zum Fotografieren.
APPROACH:
Abschließend noch eine medizinische Frage an dich als Doktor meines Vertrauens! Wie behandle ich am besten ständiges Fernweh?
Dr. Wolfgang Haberler:
Bei Fernweh? Schnell ein Flugticket kaufen und am direkten Weg zum Wiener Flughafen fahren…