Ich sitze im Cockpit einer ATR 72 im Endanflug auf die Piste 14 des Züricher Flughafen-Kloten. Wenige Kilometer vor Pistenanfang beginnt es unerwartet heftig zu hageln. Die Sicht nimmt rapide ab und gleichzeitig setzen heftige Winde der ATR stark zu. Das Flugzeug wird zum Spielball der Natur und bei einem Blick aus dem Cockpitfenster beginnt mein Magen zu rebellieren. Der 17-jährige Pilot der Maschine kommt ganz schön ins Schwitzen und gibt sein Bestes, ich bin nur ein stiller Beobachter der unwirklichen Szene und hoffe auf eine sichere Landung. Nachdem die Stimme des Bordcomputers die letzten verbleibenden Höhenmeter bis zur Landung ausgerufen hat, setzt die ATR hart aber sicher auf der Piste 14 auf….
Sie meinen das gibt es nicht? Na wollen wir wetten? Am Samstag den 31. Jänner 2015 durften 10 Mitglieder unseres Vereines wieder einmal ein Cockpit entern und ihren Kindheitstraum für kurze Zeit ausleben.
Aber beginnen wir zum besseren Verständnis beim Ursprung der Geschichte. Nikolaus Stifter ist Mitglied der Flughafenfreunde Wien, Berufspilotenanwärter und Mitarbeiter der Schweizer Unternehmens FARNAIR Training mit Sitz in Neusiedl am See. Was lag also näher für unseren Verein als ein Besuch im nahen Ausbildungszentrum des Unternehmens?
Zum Beginn unseres Besuches stand eine Einführung in den Tätigkeitsbereich der FARNAIR Gruppe im Mittelpunkt. Das vielfältige Unternehmen mit Sitz in Basel ist seit 1984 im Aviation Business tätig und betreibt in Kooperation mit der ASL Aviation Group weltweit mehr als 100 Flugzeuge der Typen ATR 42/72, Beech 1900, Boeing 737-400F, Airbus A300F und Boeing 737-700. Das Hauptaufgabenfeld der FARNAIR liegt in der Frachtbeförderung für Logistikunternehmen wie z.B. DHL, sowie der Ad-Hoc Frachtcharter.
Zusätzlich werden aber auch einige Passagiermaschinen, wie beim indischen FARNAIR Ableger Quickjet für die verschiedensten Aufgaben betrieben. Neben einem eigenen Handlingbetrieb wird seit dem Jahr 2011 auch eine ATR Ausbildungsstätte (ATR 42/72 Simulator) in Österreich betrieben. Im 24 Stunden Betrieb bietet man den Luftfahrtunternehmen die Möglichkeit, ihre Crews auszubilden. Ein Angebot welches von den Airlines weltweit gerne genutzt wird. Während der Markt von Boeing 737 und Airbus 320 Fullmotion Simulatoren überschwemmt ist, ist das Angebot an ATR Simulatoren begrenzt. Außer in Neusiedl am See, stehen nur noch in Amsterdam, Toulouse oder Bangkok weitere Simulatoren des Typs zur Verfügung. Crews aus Indien, Australien oder Papa Neuguinea nehmen deshalb gerne den weiten Weg nach Österreich auf sich, um sich bei den Profis von FARNAIR Training ihr Typerating abzuholen, oder ihre Fluglizenzen verlängern zu lassen. Untergebracht ist das Unternehmen im Gebäude der Aviation Academy in Neusiedl am See. Mehr als 10 Millionen wurden in die Errichtung der Infrastruktur und des österreichischen Fullmotion Simulator der Firma AXIS investiert.
Sehen, staunen, fühlen…
Nach so viel Theorie war es an der Zeit den ATR Simulator bei einem Rundgang aus der Nähe zu besichtigen, bevor die ersten unserer Teilnehmer bei einem kurzen Flug ihr Glück selbst versuchen durften. Im Gegensatz zu anderen Flugsimulator Betreibern, bietet FARNAIR EUROPE sein Trainingsgerät nur ausgebildeten Piloten zur Miete an, was den Besuch unseres Vereines noch exquisiter machte. Nach einem kurzen Safety Briefing und einer ausführlichen Einweisung wurden wir in Gruppen aufgeteilt und bekamen die Möglichkeit, selbst am Steuerhorn Hand anzulegen. Um es kurz zu machen, nachdem ich vom Fliegen eines Simulators so gut wie keine Ahnung habe, hat sich unsere kleine Dreiergruppe darauf geeinigt, unserem 17-jährigen Jungpiloten Christoph Langer unser Leben anzuvertrauen.
Wie sich heraus gestellt hat, eine richtige Entscheidung trotz der schwierigen Wetterlage……
Ich möchte mich im Namen aller Teilnehmer recht herzlich bei FARNAIR Training und bei Nikolaus Stifter für die Möglichkeit zur Besichtigung der Einrichtungen bedanken!
Martin Dichler
weitere Fotos unseres Ausfluges findet ihr auf unserer Flickr-Seite:
Hier noch ein Video unseres Mitglieds Arno Schmidt zu unserem Besuch: